Die Geschichte des Wohnzimmers von seiner ersten Namensgebung, bis heute. Auf dieser kleinen Reise durch die Zeit hatte natürlich jedes Land seinen eigenen Stilwandel. Einige Bewegungen und Kriege betrafen jedoch fast alle Teile der Welt und waren ausschlaggebend für die historische Entwicklung des heutigen Wohnzimmers. Schauen wir uns also an, wie es dazu kam:
Was ist eigentlich das Wohnzimmer?
In den meisten Häusern ist das Wohnzimmer der Mittelpunkt des Hauses. Dies kann sich von Haus zu Haus unterscheiden, da z.B. in typischen Farmhäusern die Küche der typische Mittelpunkt ist. Abhängig von der Größe des Hauses nutzen manche Leute ihr Wohnzimmer als Raum, um Gäste zu unterhalten, während sie einen anderen Raum als Familienzimmer nutzen.
Dies ist von natürlich überall unterschiedlich, aber die meisten Menschen nutzen das Wohnzimmer als Raum zum Entspannen und um Zeit mit ihrer Familie und Freunden zu verbringen. Oft ist dies der größte Raum des Hauses, der auch gerne offen mit dem Ess- oder Küchenbereich kombiniert wird. Früher lag das Hauptaugenmerk des Raumes auf einem schönen Kamin, heute liegt der Fokus vor allem auf dem TV-Bereich.
Wann wurde das Wohnzimmer zu einem designierten Raum?
Die Geburtsstunde des Wohnzimmers war um 1815, in der sogenannten Biedermeierzeit.
Die Biedermeierzeit war die Zeit zwischen 1815 und 1848. Nach dem Krieg gegen Napoleon war ein großer Teil der Bevölkerung enttäuscht von der Regierung, denn sie hatten sich mehr Rechte und die Möglichkeit, an den politischen Diskussionen teilzunehmen erhofft. Als dies nicht geschah, resignierten viele Menschen und begannen, sich mehr auf ihr Privatleben zu konzentrieren.
Familie, Heim und Selbstgenügsam wurden zu den wichtigsten Dingen im Leben. Ein gemütliches Heim war alles, was man wollte.
Vor der Biedermeierzeit, im viktorianischen Zeitalter, war das typische Haus der Mittel- und Oberschicht in einen Bereich, der zum Empfang von Gästen diente, und einen Bereich, in dem die Familie tatsächlich wohnte, aufgeteilt. Im Empfangsraum wurden meist die teuren Möbel zur Schau gestellt und Kinder waren nicht erlaubt. Er war die Pufferzone zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich im Haus. Wenn die Familie keine Gäste zu Besuch hatte, war das sogenannte Vorzimmer, die Stube oder das Empfangszimmer eher nutzlos. Die Familie verbrachte ihre Zusammenkünfte in anderen Räumen, wie den Schlafzimmern oder der Bibliothek.
Biedermeier
Nach dem Krieg begannen die Menschen, den Empfangsraum zwangloser zu nutzen und nutzten ihn, um sich mit Freunden und Familie zu treffen, zu lesen, gemeinsam etwas zu trinken oder anderen gesellschaftlichen Aktivitäten nachzugehen. Durch die Industrialisierung zogen die Menschen in Scharen in die Städte und der Wohnraum war sehr begrenzt. Das Empfangszimmer wich also dem Wohnzimmer, um sich mit Freunden und der Familie zu treffen. In dieser Zeit entstanden die beliebten Biedermeiermöbel.
Biedermeiermöbel wurden zum angesagtesten Designstil. Sie hatten keine klaren Formen, da sie von der Natur inspiriert waren. Sie waren elegant mit schönen Rundungen und aus dunkleren Hölzern wie Nussbaum, Mahagoni oder Kirschbaum gefertigt.
Ein typisches Wohnzimmer war etwas anders ausgestattet als wir es heute gewohnt sind. Ein Sekretär zum Sitzen und Schreiben, ein Sideboard, ein Bett oder eine Chaiselongue zum Sitzen oder Liegen und eine Pflanze bildeten die Basis.
Wie hat sich das Wohnzimmer im Laufe der Zeit verändert?
1920
In den 1920er Jahren wurde das Grammophon für die Öffentlichkeit erschwinglich, so dass Musik ein fester Bestandteil des Wohnzimmers wurde. Die Menschen begannen, ihre Zeit dort zu verbringen, um sich zu entspannen, zu stricken und zu sticken oder einfach nur der Musik zu lauschen. Da der Mittelpunkt des Raumes in der Regel ein Kamin war und niemand eine gute Sicht brauchte, wurden Sessel wahllos platziert und typische Sofas waren zu dieser Zeit in der Geschichte des Wohnzimmers eher selten.
Das Möbeldesign entwickelte sich vom Biedermeier zum Jugendstil, dessen Hauptmerkmale florale Ornamente und seine organische Formen sind. Gleichzeitig begann sich langsam die Sehnsucht nach einer eher geradlinigen Formensprache zu entwickeln, ebenso wie die industrielle Fertigung, die zu wachsen begann und die Möbelindustrie weitgehend prägte. 1919 öffnete die populäre Schule Bauhaus in Weimar ihre Pforten. Diese Schule beeinflusste in großem Umfang die Gestaltung von Architektur, Kunst und Möbeln.
Die Bauhaus-Schüler waren die Visionäre der goldenen 20er Jahre. Ihre Entwürfe waren fortschrittlich und zukunftsorientiert, doch kaum jemand hatte Bauhaus-Designs in seinem Zuhause. Glas, Stahl und weiße Moderne waren zu futuristisch und ein zu großer Schritt weg von den organischen Formen des Biedermeier- oder Jugendstildesigns. Heute ist Bauhaus beliebter denn je, da dort die Pioniere des modernen Designs ausgebildet wurden.
1950
Vom Trümmerhaufen zum Glamour: In den 50er Jahren begann die Welt sich neu zu gestalten. Der Zweite Weltkrieg war vorbei, und das Wohnzimmer wandelte sich von einem noch etwas formellen zu einem heute typischen Komfortraum. Während die ältere Generation zu ihren geliebten Biedermeiermöbeln zurückkehren wollte, waren die jüngeren Generationen bereit, die Welt mit amerikanischer Modernität zu erobern. Dies teilte die Wohnzimmer in zwei Hauptdesignstile:
1. Old-Fashion: Sehr schwere, dunkle und rustikale Eichenholzmöbel.
2. Modern: Pastellfarbene Möbel in futuristischen Formen, hergestellt aus organisch geformtem Holz.
Radios waren das Zentrum des Raumes und die Hauptquelle für Nachrichten, Unterhaltung und Sport. Gegen Ende der 50er Jahre erhielt das typische Wohnzimmer ein neues Gesicht. Der Fernseher zog ein und veränderte die gesamte Raumaufteilung. Während die Sitzgelegenheiten früher einander zugewandt waren, um eine einfache Unterhaltung zu ermöglichen, waren sie jetzt dem Fernseher zugewandt.
1960
In den 60er Jahren bestimmte die Massenproduktion das Aussehen des Wohnzimmers. Während die innovativen Formen langsam verschwanden, sah man überall langlebige und massive Möbel. Große Sofas zogen ins Wohnzimmer und die Praktikabilität von Stauraum wurde sehr wichtig, was 1968 in der ersten modularen Schrankwand von Hülsta resultierte.
1970
Orange war die Farbe des Jahrzehnts und stand für Zukunft und Fortschritt. Die Öffentlichkeit versuchte, der Angst vor dem Kalten Krieg zu entkommen, der zwischen den USA und Russland herrschte. Daraus entstand die Hippie-Bewegung, mit bunten Farben und Flower-Power-Mentalität.
Die rustikalen Eichenmöbel wanderten auf den Recyclinghof und wurden durch einen leuchtend grünen Flokati-Teppich ersetzt. Organische Formen, gemusterte Tapeten, grüne Blumensofas und Plastiklampen in knalligem Rot eroberten das Wohnzimmer. Shag-Teppiche waren weit verbreitet. Einer der bekanntesten Design-Klassiker aus dieser Zeit war das Vollschaumsofa „Togo“ von Line Roset, in leuchtendem Orange.
Gegen Ende der 70er Jahre bewegte sich die Farbpalette hin zu erdigen Tönen. Trockenblumen, Pinnwände und DIY-Projekte waren ein absoluter Hype, der in den letzten Jahren ein großes Comeback erleben. Boho war Trend. Polstermöbel hatten ein niedriges Profil und wurden zum Sitzen und Schlafen verwendet. Modularität wurde ein wichtiger Aspekt des Möbeldesigns.
1980
Wenn die späten 70er Jahre Boho waren, waren die 80er Jahre eklektisch. Die Menschen wollten durch die Farben ein optimistisches Zeichen setzen und aus dem grauen Alltag des Kalten Krieges ausbrechen. Neon ersetzte natürliche Farben, und die Memphis-Gruppe entwarf bunte, seltsam aussehende Möbel. Während die Wände meist weiß blieben, wurden Schrankwände und Mediensysteme zum Must-Have im Wohnzimmer. Schwarze Ledersofas, Furniervitrinen und Tigertextilien waren ebenso üblich wie das Billy-Regalsystem von Ikea. Videospiele gewannen an Popularität und machten das Wohnzimmer noch mehr zu einem Raum zum Entspannen und Unterhalten.
1990
Beige in allen Facetten. Nach der Farbenpracht der 80er Jahre und dem Ende des Kalten Krieges übernahm Weiß in allen Schattierungen die Oberhand, kombiniert mit eher „erwachsenen“ Formen. In den 90er Jahren musste das Wohnzimmer vor allem praktisch sein. Eines der praktischsten Elemente war das beige Ledersofa, das leicht gereinigt werden konnte, oder die Einführung von Klick-Laminat. Flatscreen-Fernseher halfen, das Möbel-Layout etwas breiter zu gestalten, da die Fernseher größer waren und nicht die ganze Familie direkt davor sitzen musste, um einen guten Blick zu haben.
Während die Formen eher organisch und luftig waren, erlebten die 60er Jahre ein Revival. Retro war wieder angesagt.
Wie sieht unser Wohnzimmer heute aus?
2020
Durch ein größeres Bedürfnis nach Raum, Individualität und Flexibilität hat sich unser Wohnzimmer vom viktorianischen Empfangsraum weit entfernt. Der Klimawandel und die Digitalisierung beeinflussen unser Leben und unser Wohnzimmer. Digitale Produkte, Heimsysteme und kleine Putzhelfer ziehen in unsere Wohnungen, während wir uns die Natur durch natürliche Materialien und Pflanzen zurückholen. Das typische Bücherregal hat sich in einen dekorativen Platz für Dekorationen und DIY-Projekten verwandelt.
Im Laufe der Jahre entstanden viele verschiedene Designstile, die heute unsere Wohnräume dominieren. Das Bohemien-Wohnzimmer feiert ein Comeback, ebenso wie Industrial Design. Stile werden gemischt und kombiniert und die Natur zurück geholt. Neben diesen Stilen und der allgemeinen Entwicklung zu nachhaltigem Wohnen gibt es zwei Farbstile, die sehr präsent sind:
- Helle Pastellfarben mit traditionellen Formen.
- “Neue Eleganz“ mit tiefen Blau- und Grüntönen. Vom Boden bis zur Decke gestrichene Räume, kombiniert mit hellem Holz.
Das Wohnzimmer wird offener denn je und wird immer häufiger mit der Küche und/oder dem Essbereich kombiniert ist. Es ist weit entfernt vom ursprünglichen Empfangsraum, in dem man nur seinen Status zur Schau stellen wollte. Unser Wohnzimmer ist das Herzstück des Hauses. Es ist unsere Komfort-Zone.
Und jetzt? Wiederholt sich die Geschichte oder entwickeln wir uns noch weiter? Natürlich sehen wir viele Stile aus vergangenen Epochen wieder, jedoch denken wir, dass die Geschichte des Wohnzimmers noch lange nicht fertig geschrieben ist. In Zeiten der Pandemie ist unser Zuhause zum wichtigsten Ort überhaupt geworden. Hier wird gewohnt und nun auch gearbeitet. Mit dem Wachstum von remoter Arbeit erkennen wir außerdem, dass Zuhause nicht immer ein fester Wohnsitz sein muss, sondern durchaus auch auf Rädern sitzen kann. Die Digitalisierung und Globalisierung sind noch lange nicht abgeschlossen und somit schauen wir gespannt in die Zukunft und freuen uns auf das was noch kommt.
Was glaubst du wie sich das Wohnzimmer entwickeln wird? Wird sich ein nachhaltiger Lebensstil durchsetzen? In welcher Zeit hättest du gerne mal Mäuschen gespielt und welche Zeit hat dir gar nicht gefallen? Schreibe deine Meinung doch gerne in die Kommentare oder schreibe uns auf Instagram. Wir freuen uns von dir zu hören!